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Wie ich mich in einen glatzköpfigen Mann mit einem Herz aus Stein verliebte

Völlig geflasht: Vom Sonnenuntergang, der Mystik der Osterinsel und von den Moais
Völlig geflasht: Vom Sonnenuntergang, der Mystik der Osterinsel und von den Moais

Normalerweise date ich eher folgenden Typ Mann: sportlich, witzig, dunkle Wuschelhaare. Ausseh-Level nie kleiner als Jake Gyllenhaal. Dass ich mich ausgerechnet in einen dicken, glatzköpfigen Mann mit einem noch dickeren, versteinerten Herz verlieben könnte, das überraschte mich sehr. Doch als ich am Ende der Welt, 14.000 km von Deutschland entfernt, vor ihm stand, machte es – wenn ich hier Carrie Bradshaw zitieren darf – heftig Zsa Zsa Zsu!

 

Er blickt mich an, hinter ihm das tosende Meer, das unerbittlich gegen die schwarze und messerscharfe Küste klatscht, hinter mir die satt grünen Vulkane, die mit Ginster überwuchert sind und von denen leichter Dunst aufsteigt. Wildpferde stehen am Straßenrand, kein Mensch ist weit und breit. Es riecht nach absoluter Freiheit.

 

Der geheime Ort, an dem ich mich gerade befinde, ist Rapa Nui, die Osterinsel. Schon mein ganzes Leben lang schaute ich fasziniert Dokumentationen oder las Bücher und Artikel über diesen mystischen Ort im Südpazifik, auf dem die Männer aus Stein wohnen. Sogar das erste Super Mario Spiel für den Game Boy ist schuld an meinem Fernweh. Denn der italienische Klempner muss in Level drei gegen besagte Steinkolosse kämpfen, und irgendwie wünschte ich mir immer ein klein wenig Mario zu sein.

 

Super Mario für den Gameboy kämpft in Level 3 gegen die Moais der Osterinsel / Quelle: Nintendo
Super Mario für den Gameboy kämpft in Level 3 gegen die Moais der Osterinsel / Quelle: Nintendo

Kämpfen muss man übrigens auch, um auf das 160 km² kleine Eiland zu kommen. Erst ein 16-Stunden-Flug nach Santiago de Chile, umsteigen und in einer neuen Maschine noch mal fünf Stunden weiter Richtung Westen über den Ozean. Doch sobald man den Umriss von Rapa Nui aus dem Flugzeugfenster sieht, fühlt es sich an wie Abenteuer.

 

Nur knapp 6000 Einwohner hat die Osterinsel, die politisch zwar zu Chile, kulturell jedoch mehr zu Polynesien gehört. Diese leben im einzigen Ort, Hanga Roa, der fast nur aus ebenerdigen, bunten Häusern besteht, die zugewuchert sind mit Palmen, Bananenstauden und leuchtend roten Hibiskus-Büschen. Straßenhunde laufen einem entgegen, wenn man die Küstenstraße passiert. Das aufgewühlte Meer peitscht gegen die felsige Steilwand, ein paar Boote schippern auf dem Wasser.

Osterinsel Moais
Gleich hüpft Super Mario durchs Bild: die berühmten Steinkolosse der Osterinsel
Sitzender Moai Osterinsel
Das besondere an diesem Moai ist seine sitzende Pose
Moais der Osterinsel
Auf dem Vulkan Ranu Raraku stehen viele der berühmten Moais - teilweise sind ihre Körper in der Erde verbuddelt

Jährlich kommen etwa 100.000 Touristen auf die Insel, um die berühmten Steinmänner, die Moais, zu sehen – sie sind das DAS Symbol der Osterinsel. Und ihr größtes Geheimnis. Bis heute ist nicht ganz klar, was es mit den Figuren, die bis zu 20 Meter groß und aus Tuffstein gefertigt sind, genau auf sich hat. Über die Ahnenverehrung sind sich die Wissenschaftler meist einig, aber die Forscher rätseln, wie die tonnenschweren Kolosse kilometerweit über die Insel transportiert wurden.

 

Eine neue archäologische Studie, an der u.a. Professor Carl Lipo von der Binghamton Universität beteiligt war, und in der 3D-Aufnahmen der gigantischen Steinhüte der Moais (Pukao genannt) gemacht wurden, liefert neue Erkenntnisse. Die Wissenschaftler fanden Petroglyphen, alte Steinmalereien, die darauf schließen lassen, dass die Ureinwohner darüber kommuniziert haben müssen. Eine wichtige Erkenntnis über die Kriegsführung. „Diese Funde beweisen, dass es auf der Osterinsel Gemeinschaften gab, die über die Moais Informationen ausgetauscht haben“, sagt Lipo. „Es ist ein wichtiger Teil, das Puzzle über die Osterinsel irgendwann zusammensetzen zu können“. 

 

Knapp 1000 Moais geben heute immer noch jede Menge Rätsel auf. Mal sieht man nur einen einzelnen auf seinem Fundament, ahu genannt, mal sind es gleich 15 nebeneinander. An manchen Stellen steht eine komplette Skulptur, an anderen schaut nur der Kopf aus der Erde, während der Körper eingebuddelt wurde. Die Faszination ist immer dieselbe.

 

Zu den geheimen Kultstätten gelangt man am besten mit einem geliehenen Geländewagen. Sportfreaks leihen sich ein Mountainbike.

 

Damit kann man die gesamte Insel erkunden. Den Vulkon Rano Kau mit seinem riesigem Kratersee zum Beispiel oder auch Anakena, den einzigen Strand im Norden Rapa Nuis. Das perfekte Südseeparadies mit türkisfarbenem Wasser, schneeweißem Sandstrand, riesigen Kokospalmen. Romantik-Kitsch eben, den die Osterinsel genauso zu bieten hat wie leckeren Pisco Sour, der spätestens nach dem dritten Glas etwa die gleiche Wirkung hat wie Schmetterlinge im Bauch.

 

Mit denen fliege ich nach fünf Tagen Island-Mystery wieder zurück nach Deutschland. Im Gepäck einen Mini-Moai aus Sandstein. Damit mein Zsa Zsa Zsu gaaaaanz lange anhält. 

Mein kleiner Mini-Moai von der Osterinsel
Mein kleiner Mini-Moai von der Osterinsel

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